KUB 2021.04
Otobong Nkanga
23 | 10 | 2021 – 09 | 01 | 2022
Otobong Nkangas künstlerische Praxis umfasst Tapisserie, Zeichnung, Fotografie, Installation, Video und Performance. Ihre Themen sind der nachhaltige Umgang mit Ressourcen, der globale Warenverkehr sowie die Bedeutung und die Folgen von Landraub. In ihrer Arbeit setzt sie die Identität und die koloniale Geschichte einer Region mit den Erfahrungen des Körpers in Beziehung. So werden historische Erfahrungen in Nkangas Performances physisch erlebbar, während in ihren Arbeiten auf Papier die wechselseitigen Abhängigkeiten von Land, Einwohnern und natürlichen Ressourcen anschaulich werden.
Manche ihrer sanft wirkenden Bilder ähneln großflächigen Wandteppichen, andere wiederum wirken wie wissenschaftliche Illustrationen. Sie stellt Menschen und Figurinen schematisch und kopflos dar: Der Kopf, so Nkanga, enthalte zu viele Informationen. Sie bevorzugt die Darstellung von Gesten und Handlungen. »Verstehen«, so sagt sie, »heißt Verbindungen ziehen«. Nkanga zeigt in ihren Arbeiten die Wunden, die Landschaften zugefügt wurden; sie stellt die Routen von Ressourcen sowie die Schäden dar, die durch ihre Gewinnung und systematische Ausbeutung verursacht werden.
Nkanga versteht »Land« als sowohl geologischen als auch umfassenden Begriff, der über den bloßen Boden, kartographierte Territorien und Erde hinausgeht. In ihrem Projekt Carved to Flow (2017 – fortlaufend), kreierte sie die »O8 Black Stone-Seife«; hergestellt aus verschiedenen Ölen und Butter aus Griechenland, Nord- und Westafrika und dem Nahen Osten: Regionen, die ihre Ressourcen in der Geschichte auch in Zeiten großer Krisen, Ausbeutung und Misswirtschaft global zur Verfügung stellten.
Für die Sharjah Biennale 2019 konzipierte Nkanga eine poetische Landschaft, die neben ihrer Schönheit auch ihre Fragilität, ihre Narben, aber auch ihr Potenzial offenbart. Für einen Innenhof entwickelte sie eine ortsspezifische Installation: In den Boden ließ sie mehrere große, kraterähnliche Vertiefungen ein, die mit Salzwasser gefüllt wurden. An den Mauern des Gartens waren Leuchtkästen in den Farben des Sonnenuntergangs angebracht, während eine Mehrkanal-Audioinstallation einer abgestorbenen Palme eine Stimme verlieh, die, wie Nkanga sich vorstellt, einer Vorliebe für Salzwasser zum Opfer fiel. Die Installation wurde mit dem Sharjah Biennial Prize ausgezeichnet.
Biografie
Otobong Nkanga (1974 in Kano, Nigeria geboren) ist bildende und Performance-Künstlerin. Nkanga lebt heute in Antwerpen. Sie studierte an der Rijksakademie für Bildende Künste in Amsterdam. 2013 war sie Stipendiatin des DAAD Berliner Künstlerprogramms. 2015 wurde Nkanga mit dem hochdotierten Yanghyun-Preis ausgezeichnet, 2019 erhielt sie den Peter-Weiss-Preis der Stadt Bochum. Ihr Werk wurde auf der 58. Kunstbiennale in Venedig mit einer »besonderen Erwähnung« gewürdigt. Nkanga untersucht die gesellschaftlichen und topografischen Veränderungen der postkolonialen Welt. Sie unterzieht unseren Umgang mit natürlichen Ressourcen sowie den damit verbundenen ideellen und potenziellen Wert einer kulturellen Analyse, häufig unter Einsatz des Körpers und mithilfe von Sprache. Ihre Werke wurden im Berliner Martin-Gropius-Bau (2020), in der Tate St. Ives (2019/2020), im Museum of Contemporary Art, Chicago (2018), und M HKA, Museum of Contemporary Art, Antwerpen (2015) gezeigt. Internationale Ausstellungsbeteiligungen waren u. a. die 58. Biennale in Venedig (2019), documenta 14 in Kassel (2017), Biennale of Sydney (2016), die Berlin Biennale (2014) sowie die Sharjah Biennale (2019 und 2013).